Erste Vorlage: OECD/G20-Projekt Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung grosser Unternehmensgruppen Die Schweiz hat sich mit rund 140 weiteren Staaten dazu bekannt, dass grosse international tätige Unternehmensgruppen mindestens 15 % Steuern bezahlen sollen. Bezahlt eine Unternehmensgruppe in einem Land weniger Steuern, so kann sie künftig von anderen Ländern besteuert werden, bis die 15 % erreicht sind. In der Schweiz bezahlt derzeit ein Teil der Unternehmensgruppen tiefere Steuern. Ausgangslage Bundesrat und Parlament wollen für grosse international tätige Unternehmensgruppen die Mindestbesteuerung einführen können. Für alle anderen Unternehmen ändert sich nichts. Die Umsetzung soll mit einer Ergänzungssteuer erfolgen. Erhebt die Schweiz keine Ergänzungssteuer, können andere Staaten die Differenz zu den 15 % einziehen. Die finanziellen Auswirkungen der Vorlage sind schwierig zu schätzen. Für das erste Jahr werden die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer auf 1 bis 2,5 Milliarden Franken geschätzt. 75 % der Einnahmen sollen an die Kantone, 25 % an den Bund gehen. Dank des Finanzausgleichs profitieren alle Kantone. In der Schweiz sind viele internationale Unternehmen tätig. Sie bieten zahlreiche Arbeitsplätze und tragen erheblich zu den Steuereinnahmen bei. Höhere Steuern senken die Standortattraktivität. Die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer sollen darum auch zu deren Förderung eingesetzt werden, um Arbeitsplätze und Steuereinnahmen zu sichern. Die Umsetzung erfordert eine Änderung der Bundesverfassung. Darum braucht es eine Volksabstimmung. Die Vorlage In Kürze Vorlage im Detail 10 Argumente 18 Abstimmungstext 20 5 Nein Eine Parlamentsminderheit lehnt die Vorlage ab. Wenige steuerlich attraktive Kantone mit vielen grossen Unternehmen würden einen Grossteil der Einnahmen erhalten. Die Gelegenheit, den interkantonalen Steuerwettbewerb zu drosseln, sei nicht genutzt worden. parlament.ch > Ratsbetrieb > Curia Vista > Geschäfte > 22.036 Wollen Sie den Bundesbeschluss vom 16. Dezember 2022 über eine besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (Umsetzung des OECD/G20- Projekts zur Besteuerung grosser Unternehmensgruppen) annehmen? Abstimmungsfrage Ja Bundesrat und Parlament empfehlen die Vorlage zur Annahme. Sie gewährleistet stabile Rahmenbedingungen und sichert Steuereinnahmen sowie Arbeitsplätze in der Schweiz. Davon profitieren alle. admin.ch/oecd-mindeststeuer Empfehlung von Bundesrat und Parlament Standpunkt der Minderheit im Parlament Abstimmung im Nationalrat Abstimmung im Ständerat 127 Ja 59 Nein 10 Enthaltungen 38 Ja 2 Nein 4 Enthaltungen Erste Vorlage: OECD/G20-Projekt Umsetzung des OECD/G20- Projekts zur Besteuerung grosser Unternehmensgruppen In der Schweiz sind viele international tätige Unternehmensgruppen angesiedelt. Sie sind ein wichtiger Pfeiler unserer Volkswirtschaft: Jede vierte angestellte Person arbeitet für eine dieser Unternehmensgruppen.1 Diese schätzen die attraktiven Rahmenbedingungen in der Schweiz und tragen erheblich zu den Einnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden bei. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) wollen die Regeln zur Besteuerung von grossen Unternehmensgruppen an die Digitalisierung und Globalisierung der Wirtschaft anpassen. Gemeinsam haben sie im Oktober 2021 ein entsprechendes Projekt verabschiedet. Die Schweiz hat sich dem Projekt zusammen mit rund 140 Staaten angeschlossen. Es besteht aus zwei Säulen (siehe Kasten). Ausgangslage Das OECD/ G20-Projekt Debatte Parlament 16 Argumente Bundesrat und Parlament 18 Abstimmungstext 20 11 Die zwei Säulen des OECD/G20-Projekts2 Besteuerung im Marktstaat (Säule 1): Sie betrifft Unternehmensgruppen mit einem jährlichen Umsatz von mindestens 20 Milliarden Euro und einer Profitabilität von mindestens 10 Prozent. Es geht gemäss Schätzung der OECD um die rund 100 grössten und profitabelsten Unternehmensgruppen der Welt. Sie sollen neu auch dort besteuert werden, wo sie ihre Waren verkaufen oder ihre Dienstleistungen erbringen. Ausgenommen sind regulierte Finanzdienstleistungen und der Rohstoffabbau. Für die Umsetzung braucht es ein internationales Übereinkommen. Damit soll Rechtssicherheit geschaffen und es sollen nationale Alleingänge verhindert werden. Welche Länder das Übereinkommen unterzeichnen werden und wann dies geschieht, ist noch offen. Mindestbesteuerung (Säule 2): Sie betrifft Unternehmensgruppen mit Unternehmen in mehr als einem Land und mit einem Jahresumsatz von mindestens 750 Millionen Euro. Diese Unternehmensgruppen sollen neu in jedem Land mindestens 15 Prozent Steuern auf ihrem Gewinn bezahlen. Der Gewinn wird nach international einheitlichen Regeln ermittelt; diese unterscheiden sich von den bestehenden Regeln der einzelnen Staaten, so auch der Schweiz. Ausgenommen von der Mindestbesteuerung sind Einkünfte aus der internationalen Schifffahrt. Die EU-Mitgliedstaaten haben sich im Dezember 2022 darauf geeinigt, dass sie diesen Teil des OECD/ G20-Projekts umsetzen wollen. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Mindestbesteuerung ab 2024 einzuführen. Weitere Länder wie Grossbritannien, Kanada oder Japan haben ebenfalls die Einführung ab 2024 angekündigt. 1 Bundesamt für Statistik (BFS), Statistik der Unternehmensgruppen (STAGRE), Portrait der Unternehmensgruppen in der Schweiz 2014–2021, Neuenburg, November 2022 ( bfs.admin.ch > Statistiken finden > Industrie, Dienstleistungen > Statistik der Unternehmensgruppen > Publikationen). 2 OECD/G20-Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, Erklärung über eine Zwei-Säulen-Lösung für die steuerlichen Herausforderungen der Digitalisierung der Wirtschaft, 8. Oktober 2021 ( oecd.org > Topics > Tax > Base erosion and profit shifting > BEPS Actions > Tax Challenges Arising from Digitalisation > Statement on a Two-Pillar Solution to Address the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy – 8 October 2021). 12 Erste Vorlage: OECD/G20-Projekt Bundesrat und Parlament wollen mit der vorgeschlagenen Verfassungsänderung ermöglichen, dass die neuen Besteuerungsregeln für grosse Unternehmensgruppen auch in der Schweiz umgesetzt werden können. Damit wollen sie stabile Rahmenbedingungen, die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz sowie Arbeitsplätze und Steuereinnahmen sichern. Die Vorlage schafft die Voraussetzungen dafür, dass die Schweiz die Besteuerung im Marktstaat (Säule 1) einführen kann. Bundesrat und Parlament haben noch nicht entschieden, ob die Schweiz sich einem künftigen internationalen Übereinkommen anschliessen und die Besteuerung im Marktstaat umsetzen soll. Die Mindestbesteuerung (Säule 2) wollen Bundesrat und Parlament bereits 2024 einführen können. Damit wird sichergestellt, dass die betroffenen Unternehmensgruppen die zusätzliche Steuer in der Schweiz zahlen. Eine Übergangsbestimmung in der Verfassung gibt dem Bundesrat das Recht, mit einer Verordnung eine Ergänzungssteuer einzuführen. Die Bestimmung verpflichtet ihn aber auch, dem Parlament innerhalb von sechs Jahren einen Gesetzesentwurf vorzulegen, um diese Verordnung abzulösen. Die Übergangsbestimmung für die Umsetzung der Mindestbesteuerung macht dem Bundesrat für die Verordnung unter anderem folgende Vorgaben: – Um die Differenz zwischen einer tieferen Steuerbelastung und dem Mindeststeuersatz von 15 % auszugleichen, erhebt der Bund eine Ergänzungssteuer. – Die Kantone erhalten 75 % der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer, der Bund bekommt 25 %. Diese Vorgaben gelten nur für die Verordnung. Bundesrat und Parlament können die Umsetzung im Gesetz anders ausgestalten. Ziele der Vorlage Voraussetzung für die Umsetzung der Säule 1 Umsetzung der Säule 2 Ergänzungssteuer Vorgaben für die Verordnung 13 Nur grosse international tätige Unternehmensgruppen unterliegen der Ergänzungssteuer. Laut einer Schätzung der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) sind in der Schweiz wenige Hundert inländische sowie wenige Tausend ausländische Unternehmensgruppen direkt von der OECD/G20-Reform betroffen. 3 Die allermeisten Unternehmen in der Schweiz sind von der Reform nicht betroffen und werden wie bisher besteuert.4 3 Botschaft des Bundesrates vom 22. Juni 2022 zum Bundesbeschluss über eine besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft); BBl 2022 1700 Ziff. 6 ( admin.ch > Bundesrecht > Bundesblatt > Ausgaben des Bundesblattes). 4 Gemäss Bundesamt für Statistik (BFS) waren 2020 rund 617 000 Unternehmen in der Schweiz tätig. BFS-Statistik der Unternehmensstruktur 2020 ( bfs.admin.ch > Aktuell > Medienmitteilungen > Medienmitteilung vom 25. August 2022 «Die Zahl der Unternehmen und der Beschäftigten ist erstmals seit 2011 zurückgegangen»). Betroffene Unternehmen 1 OECD/G20-Mindestbesteuerung Grosse Unternehmensgruppen werden zu 15 % besteuert Mit Mindestbesteuerung in der Schweiz Die Schweiz zieht die Ergänzungssteuer ein. Ohne Mindestbesteuerung in der Schweiz Andere Staaten können die Differenz einziehen. Ergänzungssteuer/Differenz bestehende Steuerbelastung 15 % 15 % international tätige Unternehmen mit einem Umsatz von mind. 750 Mio. Euro mit Niederlassungen in der Schweiz und im Ausland Schweiz Schweiz andere Staaten Grafik 1 14 Heute ist es in allen Kantonen möglich, dass Unternehmen weniger als die von der OECD vorgegebene Mindeststeuer von 15 % bezahlen. Zum einen gilt in vielen Kantonen eine tiefere Gewinnsteuerbelastung für alle Unternehmen. Zum anderen können auch spezifische Steuervergünstigungen, etwa für Forschung und Entwicklung, zu einer tieferen Besteuerung führen. Wie sich die Einführung der Ergänzungssteuer auf die Einnahmen von Bund, Kantonen und Gemeinden auswirkt, ist schwer abzuschätzen. Es fehlen teilweise die nötigen Daten, und bestimmte Reformelemente können nicht beziffert werden. Generell hängen die finanziellen Auswirkungen von der Gesetzgebung in anderen Ländern ab. Die ESTV schätzt die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer im ersten Jahr auf 1 bis 2,5 Milliarden Franken.5 Mittel- bis langfristig könnten die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer und weitere Einnahmen des Staates auch zurückgehen. Grund dafür ist, dass sich Unternehmen anpassen und beispielsweise weniger investieren, weil die Schweiz durch die Mindestbesteuerung für grosse Unternehmensgruppen steuerlich weniger attraktiv wird. Die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer stehen zu 75 % jenen Kantonen zu, in denen die bestehende Steuerbelastung der betroffenen Unternehmen unter 15 % liegt. Damit können die Einnahmen gezielt dort eingesetzt werden, wo die zusätzliche Steuerbelastung zu einer Einbusse an Standortattraktivität führt. Die Kantone entscheiden eigenständig über die Verwendung ihrer Einnahmen; sie müssen aber die Gemeinden angemessen berücksichtigen. Dem Bund stehen 25 % der Einnahmen zu. Er verwendet einen Teil der Mittel zur schweizweiten Förderung der Standortattraktivität. Über die konkreten Massnahmen werden Bundesrat und Parlament entscheiden. 5 Botschaft des Bundesrates vom 22. Juni 2022 zum Bundesbeschluss über eine besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (siehe Fussnote 3 auf S. 13). Alle Kantone betroffen Kurzfristige Einnahmen Mittel- bis langfristige finanzielle Entwicklungen Kantonsanteil Bundesanteil Erste Vorlage: OECD/G20-Projekt 15 Die Einnahmen aus der Ergänzungssteuer werden im nationalen Finanzausgleich berücksichtigt: Die Kantone zahlen einen Teil dieser Einnahmen in den nationalen Finanzausgleich ein. Vom Bundesanteil fliesst rund ein Drittel in den nationalen Finanzausgleich. Davon profitieren auch finanziell schwächere Kantone. Die Bundesverfassung verlangt, dass alle steuerlich gleichbehandelt werden. Die Umsetzung des OECD/G20-Projekts betrifft aber nur grosse international tätige Unternehmensgruppen. Darum braucht es eine Verfassungsänderung. Ohne die vorgeschlagene Verfassungsänderung kann der Bundesrat die Mindestbesteuerung nicht umsetzen. Dann könnten andere Staaten die Differenz zwischen der tieferen Steuerbelastung und der Mindestbesteuerung von 15 % einziehen. Die betroffenen Unternehmensgruppen müssten die zusätzlichen Steuern im Ausland entrichten. Nationaler Finanzausgleich Notwendigkeit einer Verfassungsänderung Was passiert bei einem Nein? 2 Verteilung der Einnahmen der Ergänzungssteuer Bundesanteil und Kantonsanteil Bund Verwendung: – nationaler Finanzausgleich – Förderung Standortattraktivität Schweiz Kantone Verwendung: – nationaler Finanzausgleich – Massnahmen nach kantonalem Recht – Berücksichtigung der Gemeinden 25 % 75 % Grafik 2 16 Erste Vorlage: OECD/G20-Projekt Debatte Parlament Das Parlament will die Mindestbesteuerung in der Schweiz einführen können. Umstritten war die Verteilung der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer zwischen Bund und Kantonen sowie unter den Kantonen. Der gewählte Verteilschlüssel bewog eine Minderheit dazu, die Vorlage abzulehnen. Die Mehrheit der Parlamentarierinnen und Parlamentarier ist der Ansicht, dass die Schweiz mit den internationalen Entwicklungen mitziehen muss, auch wenn dadurch die Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt wird. Ohne Umsetzung der Mindestbesteuerung würden die Einnahmen im Ausland anfallen und die Schweiz ginge leer aus. Für die Minderheit ist eine Mindestbesteuerung ein Schritt in die richtige Richtung. Sie entschärfe den Steuerwettbewerb und trage zu mehr Steuergerechtigkeit bei. Die Mehrheit will den Kantonen 75 % der Einnahmen aus der Ergänzungssteuer zusprechen und dem Bund 25 %. Sie trägt damit einen Kompromiss mit, den Vertreterinnen und Vertreter von Bund, Kantonen und Gemeinden ausgehandelt haben. Die zusätzlichen Einnahmen aus der Ergänzungssteuer sollen gezielt dort eingesetzt werden können, wo die Steuererhöhung die Standortattraktivität beeinträchtigt. Kantone mit wenig Einnahmen aus der Ergänzungssteuer erhalten tendenziell mehr Geld aus dem nationalen Finanzausgleich. Von einem attraktiven Standort Schweiz profitieren alle. Eine Minderheit wollte dem Bund einen höheren Anteil als 25 % der Einnahmen zusprechen und die Einnahmen unter den Kantonen gleichmässiger verteilen. So wäre der interkantonale Steuerwettbewerb zusätzlich gedämpft worden. Der Bund hätte seinen höheren Anteil an den Mehreinnahmen gesamtschweizerisch investieren können, zum Beispiel in Massnahmen zur Erhöhung der Erwerbsanreize. Handlungsbedarf unbestritten Verteilung der Einnahmen Minderheit wollte mehr für den Bund 17 Auch die Verteilung der Einnahmen innerhalb der Kantone war umstritten. Die Mehrheit will diese Frage den Kantonen überlassen, verbunden mit der Verpflichtung, die Gemeinden angemessen zu berücksichtigen. Eine Minderheit wollte die Verteilung an die Gemeinden in der Bundesverfassung regeln. parlament.ch > Ratsbetrieb > Curia Vista > Geschäfte > 22.036 Minderheit wollte konkretere Regeln für Kantone Abstimmung im Nationalrat Abstimmung im Ständerat 127 Ja 59 Nein 10 Enthaltungen 38 Ja 2 Nein 4 Enthaltungen 18 Argumente Erste Vorlage: OECD/G20-Projekt Bundesrat und Parlament Die Umsetzung der Mindestbesteuerung sichert der Schweiz stabile Rahmenbedingungen, Steuereinnahmen und Arbeitsplätze. Grosse international tätige Unternehmensgruppen werden die zusätzliche Steuer in der Schweiz anstatt im Ausland abliefern. Die Kantone profitieren von den Einnahmen entweder über die Ergänzungssteuer oder durch den Finanzausgleich. Die Schweiz sichert mit der Umsetzung des OECD/G20- Projekts zur Mindestbesteuerung international stabile Rahmenbedingungen für den Wirtschaftsstandort Schweiz und schützt Unternehmen vor zusätzlichen Steuerverfahren im Ausland. Da die betroffenen Unternehmensgruppen die Steuer ohnehin entrichten müssen, wird mit der Ergänzungssteuer sichergestellt, dass die Steuereinnahmen in der Schweiz bleiben. Die Umsetzung der international vereinbarten Mindestbesteuerung wird im Grundsatz von allen Fraktionen im Parlament mitgetragen. Die Verteilung der zusätzlichen Steuereinnahmen zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden basiert auf einem Kompromiss, den Vertreterinnen und Vertreter dieser Gemeinwesen ausgehandelt haben. Mit dem gewählten Verteilschlüssel können die zusätzlichen Einnahmen vor allem dort eingesetzt werden, wo die zusätzliche Steuerbelastung die Standortattraktivität am stärksten beeinträchtigt. Vom Erhalt der Standortattraktivität, der Steuereinnahmen und der Arbeitsplätze profitiert die ganze Schweiz. Über den nationalen Finanzausgleich ist sichergestellt, dass alle Kantone von den Einnahmen aus der Ergänzungssteuer profitieren. Je höher der Kantonsanteil an diesen Einnahmen ist, desto mehr Geld fliesst mit dem Finanzausgleich den Kantonen zu. Der gewählte Verteilschlüssel kommt so auch den finanzschwächeren Kantonen zugute. Stabile Rahmenbedingungen sichern Breit abgestützter Kompromiss Die ganze Schweiz profitiert Ausgleich zwischen den Kantonen 19 Die Vorlage respektiert den Föderalismus. So vollziehen die Kantone die Vorschriften über die Ergänzungssteuer. Sie sind grundsätzlich frei darin, wie sie ihre Einnahmen verwenden. Sie müssen aber die Gemeinden angemessen berücksichtigen. Dank der Verfassungsänderung kann der Bundesrat die Ergänzungssteuer bereits 2024 mit einer Verordnung einführen. Er wird die Verordnung in Kraft setzen, wenn andere Staaten die Mindestbesteuerung auch einführen. Danach muss er dem Parlament innert sechs Jahren einen Gesetzesentwurf unterbreiten. Der Weg über die Verordnung bringt Vorteile: Wenn das Parlament später ein Gesetz erlässt, kann es sich auf die Erfahrung mit der Ergänzungssteuer stützen und falls nötig Anpassungen vornehmen. Aus all diesen Gründen empfehlen Bundesrat und Parlament, den Bundesbeschluss über eine besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (Umsetzung des OECD/G20- Projekts zur Besteuerung grosser Unternehmensgruppen) anzunehmen. Ja admin.ch/oecd-mindeststeuer Abstimmungstext Bundesbeschluss über eine besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung grosser Unternehmensgruppen) vom 16. Dezember 2022 Erste Vorlage: OECD/G20-Projekt 2 Abstimmungstext Bundesbeschluss über eine besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen (Umsetzung des OECD/G20-Projekts zur Besteuerung grosser Unternehmensgruppen) vom 16. Dezember 2022 Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 22. Juni 20221, beschliesst: I Die Bundesverfassung2 wird wie folgt geändert: Art. 129a Besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen 1 Der Bund kann für grosse Unternehmensgruppen Vorschriften über eine Besteuerung im Marktstaat und eine Mindestbesteuerung erlassen. 2 Er orientiert sich dabei an internationalen Standards und Mustervorschriften. 3 Er kann zur Wahrung der Interessen der schweizerischen Gesamtwirtschaft abweichen von: a. den Grundsätzen der Allgemeinheit und der Gleichmässigkeit der Besteuerung sowie dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gemäss Artikel 127 Absatz 2; b. den maximalen Steuersätzen gemäss Artikel 128 Absatz 1; c. den Vorschriften über den Vollzug gemäss Artikel 128 Absatz 4 erster Satz; d. den Ausnahmen von der Steuerharmonisierung gemäss Artikel 129 Absatz 2 zweiter Satz. Art. 197 Ziff. 153 15. Übergangsbestimmungen zu Art. 129a (Besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen) 1 Der Bundesrat kann die bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Bestimmungen erforderlichen Vorschriften über die Mindestbesteuerung grosser Unternehmensgruppen erlassen. 2 Er beachtet dabei folgende Grundsätze: 1 BBl 2022 1700 2 SR 101 3 Die endgültige Ziffer dieser Übergangsbestimmungen wird nach der Volksabstimmung von der Bundeskanzlei festgelegt. 21 Besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen. BB 3 a. Die Vorschriften gelten für die Geschäftseinheiten einer multinationalen Unternehmensgruppe, die einen konsolidierten jährlichen Umsatz von 750 Millionen Euro erreicht. b. Unterschreiten die massgebenden Steuern der Geschäftseinheiten in der Schweiz oder einem anderen Steuerhoheitsgebiet gesamthaft die Mindestbesteuerung zum Satz von 15 Prozent der massgebenden Gewinne, so erhebt der Bund zum Ausgleich der Differenz zwischen dem effektiven Steuersatz und dem Mindeststeuersatz eine Ergänzungssteuer. c. Massgebende Steuern sind insbesondere die in der Erfolgsrechnung der Geschäftseinheiten verbuchten direkten Steuern. d. Massgebender Gewinn einer Geschäftseinheit ist der für die konsolidierte Jahresrechnung der Unternehmensgruppe nach einem anerkannten Rechnungslegungsstandard ermittelte Gewinn oder Verlust vor Herausrechnung der Transaktionen zwischen den Geschäftseinheiten und nach Berücksichtigung anderer Korrekturen; nicht berücksichtigt werden Gewinne und Verluste aus dem internationalen Seeverkehr. e. Der effektive Steuersatz für ein Steuerhoheitsgebiet berechnet sich, indem die Summe der massgebenden Steuern aller Geschäftseinheiten in diesem Steuerhoheitsgebiet durch die Summe der massgebenden Gewinne dieser Geschäftseinheiten geteilt wird. f. Die Ergänzungssteuer für ein Steuerhoheitsgebiet berechnet sich, indem der Gewinnüberschuss mit dem Ergänzungssteuersatz multipliziert wird. g. Der Gewinnüberschuss in einem Steuerhoheitsgebiet ist die Summe der massgebenden Gewinne aller Geschäftseinheiten in diesem Steuerhoheitsgebiet nach dem zulässigen Abzug für materielle Vermögenswerte und Lohnkosten. h. Der Ergänzungssteuersatz für ein Steuerhoheitsgebiet entspricht der positiven Differenz zwischen 15 Prozent und dem effektiven Steuersatz. i. Bei einer Unterbesteuerung in der Schweiz wird die Ergänzungssteuer den inländischen Geschäftseinheiten im Verhältnis des Ausmasses zugerechnet, in dem sie die Unterbesteuerung mitverursacht haben. j. Bei einer Unterbesteuerung in einem anderen Steuerhoheitsgebiet wird die Ergänzungssteuer primär der obersten inländischen Geschäftseinheit und sekundär allen inländischen Geschäftseinheiten zugerechnet. 3 Der Bundesrat kann ergänzende Vorschriften zur Umsetzung der Mindestbesteuerung erlassen, insbesondere über: a. die Berücksichtigung besonderer Unternehmensverhältnisse; b. die Abziehbarkeit der Ergänzungssteuer als Aufwand bei den Gewinnsteuern von Bund und Kantonen; c. das Verfahren und die Rechtsmittel; d. die Strafbestimmungen nach Massgabe des übrigen Steuerstrafrechts; e. die Übergangsregelungen. 22 Erste Vorlage: OECD/G20-Projekt Besondere Besteuerung grosser Unternehmensgruppen. BB 4 4 Sofern der Bundesrat es für die Umsetzung der Mindestbesteuerung als erforderlich erachtet, kann er von den Grundsätzen nach Absatz 2 abweichen. Er kann internationale Mustervorschriften und zugehörige Regelwerke für anwendbar erklären. Er kann diese Kompetenzen auf das Eidgenössische Finanzdepartement übertragen. 5 Die Vorschriften über die Ergänzungssteuer werden von den Kantonen unter Aufsicht der Eidgenössischen Steuerverwaltung vollzogen. Der Bundesrat kann eine Abgeltung für den administrativen Aufwand vorsehen, der beim Vollzug dieser Vorschriften entsteht. 6 Der Rohertrag der Ergänzungssteuer steht zu 75 Prozent den Kantonen zu, denen die Geschäftseinheiten steuerlich zugehörig sind. Die Kantone berücksichtigen die Gemeinden angemessen. Der Rohertrag der Ergänzungssteuer aus gewinnsteuerbefreiten Tätigkeiten von Geschäftseinheiten von Bund, Kantonen und Gemeinden steht dem jeweiligen Gemeinwesen zu. 7 Der Kantonsanteil am Rohertrag der Ergänzungssteuer wird im Rahmen des Finanz- und Lastenausgleichs als zusätzliche Steuereinnahme berücksichtigt. 8 Macht der Bundesrat von seiner Kompetenz in Absatz 1 Gebrauch, unterbreitet er dem Parlament innerhalb von sechs Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung die gesetzlichen Bestimmungen über die Mindestbesteuerung grosser multinationaler Unternehmensgruppen. 9 Der Bund verwendet seinen Anteil am Rohertrag der Ergänzungssteuer, nach Abzug seiner durch die Ergänzungssteuer verursachten Mehrausgaben für den Finanz- und Lastenausgleich, zur zusätzlichen Förderung der Standortattraktivität der Schweiz. II 1 Dieser Beschluss wird Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet. 2 Wird er von Volk und Ständen angenommen, so tritt er am 1. Januar 2024 in