Dritte Vorlage Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben In Kürze Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben Ausgangslage Die Vorlage Unternehmen brauchen Kapital, um zum Beispiel Investi- tionen zu tätigen oder Verluste zu decken. Wenn ein Unter- nehmen Eigenkapital beschafft, indem es Aktien oder derglei- chen ausgibt, erhebt der Bund eine Steuer: die Emissionsabgabe. Diese beträgt ein Prozent des aufgenommenen Kapitals. Die Steuer wird erst auf Beträgen über einer Million Franken erho- ben. In der Regel bezahlen kleine Unternehmen keine solche Abgabe; die Steuereinnahmen stammen vorwiegend von mittleren und grossen Unternehmen. Bundesrat und Parlament wollen die Emissionsabgabe abschaffen. Unternehmen sollen neues Eigenkapital aufneh- men können, ohne darauf Steuern bezahlen zu müssen. Das senkt die Investitionskosten, was sich positiv auf Wachstum und Arbeitsplätze auswirkt. Zudem kommen Unternehmen mit viel Eigenkapital besser durch Krisen als Unternehmen mit wenig Eigenkapital, weil sie mehr Reserven haben. Von der Abschaf- fung der Emissionsabgabe profitieren insbesondere junge, wachstumsstarke Unternehmen, die noch keine Reserven haben. Um ihr Wachstum zu finanzieren, sind sie auf zusätzliches Eigenkapital angewiesen, das heute der Emissionsabgabe unterliegt. Aus der Abschaffung der Abgabe entstünden dem Bund Mindereinnahmen von schätzungsweise 250 Millionen Franken pro Jahr. Gegen die Vorlage wurde das Referendum ergriffen, weil aus Sicht der Gegner vorwiegend Grossunter- nehmen profitieren würden. Vorlage im Detail 36 Argumente 40 Abstimmungstext 44 Abstimmungsfrage Empfehlung von Bundesrat und Parlament Empfehlung des Referendums- komitees Wollen Sie die Änderung vom 18. Juni 2021 des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben (StG) annehmen? Ja Bundesrat und Parlament wollen die Emissionsabgabe abschaffen. Das wirkt sich positiv auf die Standortattraktivität der Schweiz aus: Die Abschaffung generiert Wachstum; sie schafft und sichert Arbeitsplätze. Zudem ist die Massnahme finanziell verkraftbar. admin.ch/stempelabgaben Nein Laut dem Komitee profitieren grösstenteils international tätige Grosskonzerne, Banken und Versicherungen von der Abschaffung der Emissionsabgabe. Die Bürgerinnen und Bürger hätten nichts davon, im Gegenteil: Sie müssten dafür höhere Steuern bezahlen oder einen Abbau von staatlichen Leistungen in Kauf nehmen. stempelsteuer-bschiss.ch Abstimmung im Nationalrat Abstimmung im Ständerat 5 Enthaltungen 29 Ja 14 Nein 1 Enthaltung 70 Nein 120 Ja lm Detail Dritte Vorlage: Stempelabgaben Ânderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben Argumente Referendumskomitee -+ 40 Argumente Bundesrat und Parlament -+ 42 Abstimmungstext -+ 44 Heutige Regelung Die Emissionsabgabe ist im Bundesgesetz über die Stempel- abgaben geregelt. Sie fällt an, wenn Unternehmen1 Eigen- kapital aufnehmen. Gibt ein Unternehmen zum Beispiel Aktien heraus, so besteuert der Bund den Wert dieser Aktien mit der Emissionsabgabe. Diese Abgabe muss bezahlt werden, wenn ein Unternehmen neu gegründet wird oder wenn ein beste- hendes Unternehmen sein Eigenkapital erhöht. Sie beträgt ein Prozent des aufgenommenen Kapitals. Nimmt ein Unterneh- men hingegen Fremdkapital auf, zum Beispiel einen Kredit, so muss es keine Emissionsabgabe bezahlen. Die Emissionsabgabe ist eine von drei Stempelabgaben Neben der Emissionsabgabe erhebt der Bund noch zwei weitere Stempelabgaben. Die Umsatzabgabe wird auf dem Handel mit Wertschriften erhoben und die Versicherungsabgabe auf Prämi- en für bestimmte Versicherungen. Bei der Volksabstimmung vom 13. Februar 2022 geht es einzig um die Abschaffung der Emissions- abgabe; die Umsatz- und die Versicherungsabgabe sind nicht Teil der Abstimmungsvorlage. Freibetrag Ausnahmen Es gilt ein Freibetrag von einer Million Franken. Über- steigt das aufgenommene Eigenkapital diesen Wert, wird die Abgabe fällig: Gibt ein Unternehmen zum Beispiel Aktien im Wert von 1,5 Millionen Franken heraus, so muss es auf 500 000 Franken die Emissionsabgabe bezahlen. Der Bund erhält davon ein Prozent, also 5000 Franken, an Steuern. Bei der Besteuerung gibt es Ausnahmen. So sind gemein- nützige Unternehmen, zum Beispiel Wohnbaugenossenschaf- ten, die günstige Wohnungen anbieten, von der Abgabe befreit. Auch Transportunternehmen bezahlen keine Emis- sionsabgabe, sofern sie das Eigenkapital von der öffentlichen Hand erhalten. Unter bestimmten Bedingungen gibt es auch bei Sanierungen Abgabebefreiungen oder Erleichterungen. 1 Der Begriff «Unternehmen» bezeichnet hier Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Genossenschaften. Die Emissionsabgabe wird fällig, wenn Beteiligungsrechte herausgegeben werden, z. B. Aktien, Stammeinlagen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Genossenschaftsanteile, Genuss- und Partizipationsscheine von Gesellschaften oder Genossenschaften. Emissionsabgabe Die Abgabe fällt an, wenn Unternehmen Eigenkapital aufnehmen. z. B. Aktie Unternehmen Geldgeber / Geldgeberin 1% z. B. Geld Emissionsabgabe Bund Die Emissionsabgabe beträgt 1% des aufgenommenen Eigenkapitals. Es gilt ein Freibetrag von einer Million Franken. Entwicklung der Einnahmen International kaum verbreitet Die Einnahmen aus der Emissionsabgabe schwanken stark; es gibt weder einen Trend nach oben noch einen nach unten. In den letzten zwanzig Jahren lag der Tiefstwert bei 120 Millio- nen Franken (im Jahr 2005), der Höchstwert bei 407 Millionen Franken (im Jahr 2017). Im Durchschnitt dieser zwanzig Jahre beliefen sich die Einnahmen auf knapp 250 Millionen Franken.2 Die Emissionsabgabe ist international kaum verbreitet. Neben der Schweiz und Liechtenstein erheben in Europa nur noch Griechenland und Spanien eine vergleichbare Steuer. 2 Siehe Steuerstatistik der Eidgenössischen Steuerverwaltung EST V ( estv.admin.ch > Die EST V > Schweizer Steuerstatistiken > Allgemeine Steuerstatistiken > Fiskaleinnahmen des Bundes). Was würde sich ändern? Auswirkungen auf Unternehmen Wie viele Unter- nehmen wären betroffen? Junge, wachstumsstarke Unternehmen Finanzielle Aus- wirkungen auf die öffentliche Hand Bundesrat und Parlament wollen die Emissionsabgabe abschaffen. Unternehmen, die zum Beispiel Aktien heraus- geben, müssten somit auf dem aufgenommenen Eigenkapital keine Steuer mehr bezahlen. Das entlastet die Unternehmen: Sie haben weniger Kosten und können so mehr Gelder inves- tieren. Unternehmen, die Eigenkapital aufnehmen, müssten keine Emissionsabgaben mehr entrichten. Im Jahr 2020 haben rund 2300 Unternehmen die Emissionsabgabe bezahlt. Einige Unternehmen nahmen in diesem Jahr mehrmals Eigenkapital auf, weshalb es über 2500 Transaktionen gab. Dabei generier- ten 2,2 Prozent der Transaktionen 51,5 Prozent der Steuerein- nahmen. Die restlichen 97,8 Prozent der Transaktionen gene- rierten 48,5 Prozent der Steuereinnahmen.3 Junge Unternehmen, die stark wachsen, können ihre Investitionen nicht aus einbehaltenen Gewinnen finanzieren. Sie benötigen dafür neues Eigenkapital. Diese Unternehmen würden von der Abschaffung der Emissionsabgabe profitieren, sofern sie mehr als eine Million Franken an Eigenkapital auf- nehmen. Die Finanzierung des weiteren Wachstums würde dadurch günstiger. Die Mindereinnahmen der öffentlichen Hand werden aufgrund der Einnahmen in den letzten zwanzig Jahren auf rund 250 Millionen Franken jährlich geschätzt. Betroffen ist einzig der Bund. Für die Kantone und Gemeinden ändert sich nichts. 3 Antwort des Bundesrates vom 11.8.2021 auf die Interpellation 21.3922 «Abschaffung der Stempelsteuer, insbesondere der Emissionsabgabe. Ausmass, Wirkung, Profitierende» ( parlament.ch > Ratsbetrieb > Suche Curia Vista > 21.3922) Argumente Keine zusätzlichen Investitionen Referendumskomitee Von der teilweisen Abschaffung der Stempelsteuern profi- tieren grösstenteils international tätige Grosskonzerne, Banken und Versicherungen. Die Bürgerinnen und Bürger haben nichts davon, im Gegenteil: Sie müssten das Loch in der Kasse stopfen – mit höheren Steuern oder mit dem Abbau von staatlichen Leistungen. Kurz: Es profitieren die Falschen, bezahlen müssen es einmal mehr Privatpersonen. Das ist nicht akzeptabel. Darum NEIN zu diesem Stempel- steuer-Bschiss. Es wird behauptet, dass eine teilweise Abschaffung der Stempelsteuer Investitionen befördern würde. Doch im Jahr 2020 hätten bei dieser Abschaffung gerade einmal 55 Gross- konzerne über 50 % der neuen Privilegien erhalten. Die für unsere Wirtschaft wichtigen KMU haben davon nichts. Wer würde profitieren? 55 Konzerne erhalten 51,5 % der Privilegien. Quelle: Berechnung basierend auf Daten der Eidgenössischen Steuerverwaltung, Werte aus dem Jahr 2020 Finanzbranche ist schon bevorzugt Grosskonzerne, speziell aus der Finanzbranche, werden im Vergleich zu KMU oder Start-ups bereits heute stark bevor- zugt: So sind Finanzdienstleistungen grundsätzlich von der Mehrwertsteuer befreit. Die Stempelsteuer ist somit ein kleiner Ausgleich für die generelle Unterbesteuerung des Finanz- sektors. Fällt sie auch noch weg, zahlen Finanzkonzerne im Vergleich zu KMU bald gar keine Steuern mehr. Die Rechnung zahlt das Volk Total geht es um 2,2 Milliarden Empfehlung des Referendums- komitees Der Stempelsteuer-Bschiss kostet jährlich rund 250 Millio- nen Franken. Wenn Steuereinnahmen fehlen, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder jemand anderes stopft das Loch in der Kasse – nämlich Privatpersonen über höhere Einkommens- oder Mehrwertsteuern. Oder es werden Leistungen gestrichen, zum Beispiel bei Prämienverbilligungen oder bei der Bildung. Die teilweise Abschaffung der Stempelsteuer ist nur ein Teil der unehrlichen Verschleierungstaktik der Konzernlobby. Weitere Privilegien für Grosskonzerne sind bereits in der Pipe- line. Jährliche Kosten: über 2 Milliarden Franken. Auch diese Kosten müssten die Bürgerinnen und Bürger schultern. Die unüberlegte Abschaffung der Stempelsteuer ist abzulehnen. Darum empfiehlt das Referendumskomitee: Nein stempelsteuer-bschiss.ch Der Text auf dieser Doppelseite stammt vom Referendumskomitee. Es ist für den Inhalt und die Wortwahl verantwortlich. Argumente Arbeitsplätze schaffen und sichern Belastung zu Unzeiten vermeiden Risiko von Verschuldung senken Bundesrat und Parlament Die Emissionsabgabe belastet innovative Personen, die ein Unternehmen gründen oder erweitern. Die Abschaffung dieser Abgabe wirkt sich positiv auf die gesamte Wirtschaft und die Standortattraktivität aus. Sie generiert Wachs- tum und schafft Arbeitsplätze. Bundesrat und Parlament befürworten die Vorlage insbesondere aus den folgenden Gründen: Die Emissionsabgabe verteuert die Investitionen. Sie schwächt dadurch die Wirtschaft und die Standortattraktivität der Schweiz. Die Abschaffung dieser Steuer stärkt das Wirt- schaftswachstum; sie generiert Einkommen, sichert und schafft Arbeitsplätze. Die Mindereinnahmen sind für den Bund ver- kraftbar und dürften mit der Zeit durch die Wachstumsimpulse aufgewogen werden. Die Emissionsabgabe belastet die Wirtschaft ausgerechnet in Krisen am stärksten. In einer Rezession muss ein Teil der Unternehmen neues Eigenkapital aufnehmen, um zu überleben. In der Schweiz waren die Einnahmen aus der Emissionsabgabe in der Dotcom-Krise 2001 und in der Finanzkrise 2008/2009 besonders hoch. Die Unternehmen mussten gerade dann besonders viel Emissionsabgabe bezahlen, als dies wirtschaft- lich schwierig war. Mit der Abschaffung der Abgabe fällt diese schädliche Wirkung weg. Mit Eigenkapital (z. B. mit Aktien) finanzierte Investitio- nen werden durch die Emissionsabgabe verteuert. Bei Fremd- finanzierung (z. B. mit Krediten) gibt es hingegen keine solche Abgabe. Unternehmen haben deshalb einen Anreiz, sich über Kredite zu finanzieren. Dadurch verschulden sie sich stärker. Hohe Schulden bergen aber Risiken für die Volkswirtschaft. Diese werden mit der Abschaffung der Abgabe entschärft. Junge Unter- nehmen nicht benachteiligen Emissionsabgabe ist ungerecht Neue inter- nationale Regeln ausgleichen Empfehlung von Bundesrat und Parlament Unternehmen, die bereits seit Längerem erfolgreich wirt- schaften, können ihre Investitionen durch einbehaltene Gewinne finanzieren. Jüngere Unternehmen hingegen erwirtschaften meist noch zu wenig Gewinn, um die nötigen Investitionen finanzieren zu können. Weil sie auf neues Eigenkapital ange- wiesen sind, haben sie einen Nachteil. Dieser fällt mit der Abschaffung der Abgabe weg. Die Abgabe belastet Unternehmen unabhängig davon, ob sich deren Investitionen als rentabel erweisen oder nicht. Anders als die Einkommenssteuer beachtet sie zudem die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Geldgeberinnen und Geldgeber nicht. Das ist ungerecht. Die OECD könnte nächstens beschliessen, eine internatio- nal gültige Mindeststeuer für Unternehmen einzuführen. Dann würde die Schweiz den Standortvorteil tiefer Gewinnsteuern verlieren. Die Abschaffung der Emissionsabgabe könnte diesem Verlust etwas entgegenwirken. Aus all diesen Gründen empfehlen Bundesrat und Parla- ment, die Änderung des Bundesgesetzes über die Stempel- abgaben anzunehmen. Ja admin.ch/stempelabgaben 44 § Dritte Vorlage: Stempelabgaben Abstimmungstext Bundesgesetz über die Stempelabgaben (StG) Änderung vom 18. Juni 2021 Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht in den Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vom 12. November 20121 und in die Stellungnahme des Bundesrates vom 23. Januar 20132, beschliesst: I Das Bundesgesetz vom 27. Juni 19733 über die Stempelabgaben wird wie folgt geändert: Art. 1 Abs. 1 Bst. a Aufgehoben Erster Abschnitt (Art. 5–12) Aufgehoben Art. 28 Abs. 1 1 Lautet der für die Abgabeberechnung massgebende Betrag auf eine ausländische Währung, so ist er auf den Zeitpunkt der Entstehung der Abgabeforderung (Art. 15 und 23) in Schweizerfranken umzurechnen. Art. 29 erster Satz Auf Abgabebeträgen, die nach Ablauf der in den Artikeln 20 und 26 geregelten Fälligkeitstermine ausstehen, ist ohne Mahnung ein Verzugszins geschuldet. ... Art. 30 Abs. 1 1 Die Abgabeforderung verjährt fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden ist (Art. 15 und 23). 1 BBl 2013 1089 2 BBl 2013 1107 3 SR 641.10 § 45 Stempelabgaben. BG 3 Art. 34 Abs. 2 2 Der Abgabepflichtige hat der Eidgenössischen Steuerverwaltung bei Fälligkeit der Abgabe (Art. 20 und 26) unaufgefordert die vorgeschriebene Abrechnung mit den Belegen einzureichen und gleichzeitig die Abgabe zu entrichten. Art. 36 Aufgehoben II Koordination mit der Änderung vom 19. Juni 2020 des Obligationenrechts (Aktienrecht) Unabhängig davon, ob zuerst die vorliegende Änderung des Stempelsteuergesetzes vom 27. Juni 19734 oder die Änderung dieses Gesetzes im Rahmen der Änderung vom 19. Juni 20205 des Obligationenrechts6 (Anhang Ziff. 6) in Kraft tritt, werden die nachstehenden Bestimmungen bei Inkrafttreten des später in Kraft tretenden Gesetzes oder bei gleichzeitigem Inkrafttreten wie folgt geändert: Art. 7 Abs. 1 Bst. f Gegenstandslos oder aufgehoben Art. 9 Abs. 3 Gegenstandslos oder aufgehoben III 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum. 2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten. 4 SR 641.10 5 AS 2020 4005 Bundesrat und Parlament empfehlen, am 13. Februar 2022 wie folgt zu stimmen Ja Änderung des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben