Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» In Kürze Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» Ausgangslage Die Vorlage Heute werden im Grundsatz sämtliche Einkünfte wie Löhne, Renten und Kapitaleinkommen (z. B. Zinsen, Dividenden und Erträge aus Vermietung) in vollem Umfang versteuert. Diese Einkommenssteuern tragen dazu bei, Ungleichheiten bei der Verteilung der Einkommen innerhalb der Bevölkerung abzu- schwächen. So zahlen einkommensstarke Personen prozentual mehr als einkommensschwache. Nebst den Steuern gibt es noch weitere Instrumente zur Umverteilung. Der grösste Teil der Umverteilung erfolgt über Sozialleistungen wie Renten oder Sozialhilfe. Aus Sicht der Initiantinnen und Initianten ist die beste- hende Umverteilung nicht ausreichend und die Besteuerung nicht gerecht genug. Sie fordern eine stärkere Besteuerung hoher Kapitaleinkommen. Ab einem bestimmten Betrag sollen Kapitaleinkommen bei der Steuerberechnung stärker gewich- tet und anderthalbfach gezählt werden. Für jeden Franken oberhalb dieses Betrags müsste so viel an Steuern bezahlt wer- den, als würde es sich dabei um Fr. 1.50 handeln. Ab welchem Betrag die höhere Besteuerung gilt, wird bei einer Annahme der Initiative durch das Parlament bestimmt. Die Einnahmen, die durch die höhere Besteuerung erzielt werden, sollen für Steuerermässigungen für Personen mit tiefen oder mittleren Arbeitseinkommen oder zugunsten der sozialen Wohlfahrt eingesetzt werden. Vorlage im Detail 8 Argumente 16 Abstimmungstext 20 Abstimmungsfrage Empfehlung von Bundesrat und Parlament Empfehlung des Initiativkomitees Wollen Sie die Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» annehmen? Nein Für Bundesrat und Parlament schwächt die Initiative den Standort Schweiz und die Anreize zum Sparen. Dies hat schädliche Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Wohlstand. Im internationalen Vergleich sind die Einkommen in der Schweiz gleichmässig verteilt, und Kapital wird bereits recht hoch besteuert. admin.ch/besteuerung-kapital Ja Für das Komitee führt die Initiative zu einer gerechteren Besteuerung und sie entlastet 99 % der Bevölkerung. Heute seien Kapitaleinkommen auf diverse Arten privilegiert. Davon profitierten die Reichsten, die mit Geld spekulierten. Dieses fehle den arbeitenden Menschen und in der Realwirtschaft. 99prozent.ch 99prozent-ja.ch Abstimmung im Nationalrat Abstimmung im Ständerat 0 Enthaltungen 13 Ja 31 Nein 0 Enthaltungen Im Detail Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» Argumente Initiativkomitee 16 Argumente Bundesrat und Parlament 18 Abstimmungstext 20 Einkommens- und Vermögens- verteilung Umverteilung über Steuern In der Schweiz sind die Einkommen vor Abzug der Steuern und Erhalt von Sozialleistungen (z. B. Renten oder Sozialhilfe) gleichmässiger verteilt als in den meisten anderen OECD-Län- dern. Auf das einkommensstärkste Prozent der Bevölkerung entfallen gut 10 % des gesamten Einkommens. Es gibt Anzei- chen, dass die Einkommensungleichheit vor Abzug der Steuern und Erhalt von Sozialleistungen in der Schweiz in den letzten zwei Jahrzehnten leicht zugenommen hat. Der Anteil des Kapitaleinkommens am gesamten Einkommen blieb in diesem Zeitraum konstant. Betrachtet man die Verteilung der ver- fügbaren Einkommen, also diejenigen Einkommen, die der Bevölkerung nach Abzug der Steuern und Erhalt von Sozial- leistungen tatsächlich zur Verfügung stehen, dann liegt die Schweiz etwa im Mittelfeld der OECD-Länder. Bei den Vermö- gen ist in der Schweiz der Anteil des reichsten Prozents der Bevölkerung am Gesamtvermögen in den letzten zwei Jahr- zehnten gestiegen. Um die Ungleichheiten innerhalb der Bevölkerung zu reduzieren, erfolgt eine Umverteilung über Steuern und Sozialleistungen.1 Bei den Einkommens- und Vermögenssteuern zahlen ein- kommensstarke Personen prozentual mehr als einkommens- schwache. Dadurch tragen diese Steuern zur Umverteilung bei. So verdient zum Beispiel das einkommensstärkste Prozent der Bevölkerung gut 10 % des Gesamteinkommens, bezahlt aber rund 40 % der direkten Bundessteuer.2 1 Internationaler Vergleich der Einkommen: OECD 2017 ( oecd.org > Topics > Social and Welfare Issues > Income Distribution and Poverty Database); Einkommensverteilung: Bundesamt für Statistik (BFS), Haushaltsbudgeterhebung 1998–2018 ( bfs.admin.ch > Statistiken finden > Wirtschaftliche und soziale Situation der Bevölkerung > Soziale Situation, Wohlbefinden und Armut > Ungleichheit der Ein- kommensverteilung); Vermögensverteilung: Eidgenössische Steuer- verwaltung (ESTV), Gesamtschweizerische Vermögensstatistik der natürlichen Personen 1997–2017 ( estv.admin.ch > Steuerpolitik Steuerstatistiken Publikationen > Steuerstatistiken > Fachinforma- tionen > Steuerstatistiken); Anteil des Kapitaleinkommens: BFS ( bfs.admin.ch > Statistiken finden > Volkswirtschaft > Volkswirt- schaftliche Gesamtrechnung > Kontensequenz). 2 ESTV, Statistik Direkte Bundessteuer, Natürliche Personen 2017 ( estv.admin.ch > Steuerpolitik Steuerstatistiken Publikationen > Steuerstatistiken > Fachinformationen > Steuerstatistiken > Direkte Bundessteuer). Verteilung von Einkommen und Steuern Anteil am Gesamteinkommen und Anteil an der direkten Bundessteuer 80 % 60 % 40 % 20 % 0 % Untere 50 % 50–99 % Oberstes 1 % Aufteilung der Bevölkerung nach Einkommenshöhe Anteil am Gesamteinkommen Anteil an der direkten Bundessteuer Quelle: Statistik Direkte Bundessteuer der Eidgenössischen Steuerverwaltung Den Grossteil der Einkommenssteuer erheben die Kantone und Gemeinden: Auch dort bezahlen einkommensstarke Per- sonen prozentual mehr Steuern. Bei den kantonalen Ein- kommenssteuern ist der Anteil, der vom einkommensstärksten Prozent bezahlt wird, geringer als bei der Bundessteuer. Umverteilung über Sozialleistungen Die Umverteilung von Einkommen erfolgt in der Schweiz vor allem über Sozialleistungen. Den grössten Teil der Sozial- leistungen bilden die Altersvorsorge, die Gesundheitskosten sowie die Invaliden- und die Arbeitslosenversicherung. Insge- samt betrugen die Ausgaben für Sozialleistungen im Jahr 2018 etwa 177 Milliarden Franken. Das entspricht, ähnlich wie in anderen westeuropäischen Ländern, rund einem Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung. Dieser Anteil ist seit den 1990er- Jahren gestiegen und hat der zunehmenden wirtschaftlichen Ungleichheit in den letzten Jahrzehnten entgegengewirkt. Die Sozialleistungen einschliesslich der Altersvorsorge führen bei- spielsweise dazu, dass weniger Leute unter der Armutsschwelle sind: Der Anteil der einkommensarmen Bevölkerung sinkt da- durch von über 30 % auf unter 10 %. Bezogen auf das verfüg- bare Einkommen hat die Ungleichheit nicht zugenommen.3 Begriff Kapitaleinkommen Geltende Einkommens- besteuerung Der Begriff Kapitaleinkommen ist heute im Steuerrecht nicht definiert. Unter Kapitaleinkommen kann man zum Beispiel Zinsen, Einkünfte aus Vermietung, Dividenden und Gewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren oder Grund- stücken verstehen. Auch bei Selbstständigerwerbenden kann ein Teil des Einkommens als Kapitaleinkommen angesehen werden. Heute müssen in der Schweiz im Grundsatz sämtliche Arten von Einkünften in vollem Umfang versteuert werden: Arbeitseinkommen (Löhne), Renten und Kapitaleinkommen. Bei der Besteuerung der Kapitaleinkommen gelten einige abweichende Bestimmungen: – Dividenden werden nicht in vollem Umfang als Einkommen besteuert, wenn man zu mindestens 10 % am Unterneh- men beteiligt ist. Dividenden sind Gewinne, die Unter- nehmen an ihre Eigentümerinnen und Eigentümer (z. B. Aktionärinnen und Aktionäre) ausschütten. Grund für diese Teilbesteuerung ist, dass Gewinne bereits mit der Gewinnsteuer belastet werden. Wenn keine Beteiligung von mindestens 10 % vorliegt, werden Dividenden in vollem Umfang besteuert. 3 Zahlen zur sozialen Sicherheit: BFS, Gesamtrechnung der Sozialen Sicherheit 2018 ( bfs.admin.ch > Statistiken finden > Soziale Sicherheit > Gesamtrechnung der Sozialen Sicherheit [GRSS]); Anteil der einkommensarmen Bevölkerung: BFS, Erhebung über die Einkommen und Lebensbedingungen (SILC) 2019 ( bfs.admin.ch > Statistiken finden > Wirtschaftliche und soziale Situation der Bevölkerung > Soziale Situation, Wohlbefinden und Armut > Armut und materielle Entbehrung); Einkommensverteilung: BFS, Haushalts- budgeterhebung 1998–2018 ( bfs.admin.ch > Statistiken finden > Wirtschaftliche und soziale Situation der Bevölkerung > Soziale Situation, Wohlbefinden und Armut > Ungleichheit der Einkommens- verteilung). – Private Grundstückgewinne werden nur auf kantonaler Ebene besteuert. Grundstückgewinne entstehen, wenn man zum Beispiel ein Haus oder ein Stück Land mit Gewinn verkauft. – Andere private Kapitalgewinne sind steuerfrei. Solche entstehen, wenn man zum Beispiel Aktien mit Gewinn verkauft. Weitere Steuern auf dem Kapital Kapital wird nicht nur als Kapitaleinkommen, sondern auch in anderer Form besteuert: – Die Kantone und Gemeinden erheben eine Steuer auf das Vermögen von Privatpersonen und auf das Kapital von Unternehmen. – Bund, Kantone und Gemeinden besteuern Gewinne. – Unternehmen bezahlen eine Umsatzabgabe beim Handel mit Wertpapieren. – In den meisten Kantonen wird mit der Handänderungs- steuer die Eigentumsübertragung von Grundstücken besteuert. Betrachtet man die gesamte Besteuerung von Kapital, befindet sich die Schweiz im Vergleich mit den EU-Mitglied- staaten über dem Durchschnitt.4 4 Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats 17.3045 Schwaab vom 1. März 2017, S. 17 ( parlament.ch > Ratsbetrieb > Suche Curia Vista > 17.3045); Europäische Kommission, Implizite Steuer- sätze 2007–2019 ( ec.europa.eu/taxation_customs > Besteuerung > Ökonomische Steueranalyse > Steuerdaten > Implizite Steuersätze). Initiative zielt auf Kapitaleinkommen Den Initiantinnen und Initianten gehen die bestehende Besteuerung von Kapital und die Umverteilung zu wenig weit. Sie fordern eine höhere Besteuerung hoher Kapitaleinkom- men. Kapitaleinkommen sollen bei der Steuerberechnung ab einem bestimmten Betrag anderthalbfach gezählt werden, das heisst um 50 % stärker gewichtet werden als andere Einkom- mensarten. Ab diesem Betrag wird jeder Franken Kapitalein- kommen wie Fr. 1.50 gezählt. Die Höhe dieses Betrags wäre bei Annahme der Initiative durch das Parlament zu bestimmen. Die höhere Besteuerung würde sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene gelten. Steuerbares Einkommen heute und bei Annahme der Volksinitiative Die Tabelle zeigt eine mögliche Umsetzung der Initiative an einem ver- einfachten Beispiel, bei dem als Grenze für die höhere Besteuerung von Kapitaleinkommen von 100 000 Franken ausgegangen wird.5 steuerbar bei Annahme der steuerbar heute Volksinitiative Arbeitseinkommen (z. B. Lohn) 150 000 150 000 150 000 Kapitaleinkommen (z. B. Zinsen oder Einkünfte aus Vermietung) 150 000 150 000 175 000 100 000 × 100 % + 50 000 × 150 % = 175 000 Bei Annahme der Volksinitiative würde in diesem Beispiel das Kapitalein- kommen bis 100 000 Franken in der tatsächlichen Höhe versteuert (100 %); der darüber liegende Betrag von 50 000 Franken würde neu anderthalb- fach gezählt werden (150 %). Die Besteuerung des Arbeitseinkommens wäre von der Initiative nicht berührt und würde unverändert bleiben. 5 Das Komitee schlägt beispielhaft einen Betrag von 100 000 Franken vor ( 99prozent.ch). Steuersätze Umverteilung des Mehrertrags Umsetzung offen Auswirkungen Für die Berechnung der Steuern ist neben dem steuerbaren Einkommen auch der Steuersatz massgebend. Zu den Steuer- sätzen macht die Initiative keine Vorgaben. Ihre Bestimmung liegt somit weiterhin in der Kompetenz von Bund und Kanto- nen. Bei unveränderten Steuersätzen zahlen Personen für Kapi- taleinkommen ab einem bestimmten Betrag mehr Steuern. Der Mehrertrag, der durch die höhere Besteuerung der Kapitaleinkommen erzielt wird, soll gemäss Initiative für eine Steuerermässigung für Personen mit tiefen oder mittleren Arbeitseinkommen verwendet werden oder für Leistungen zugunsten der sozialen Wohlfahrt. Die Umsetzung der Initiative ist offen. Über die konkrete Ausgestaltung der Initiative würde bei einer Annahme das Parlament entscheiden. Es müsste unter anderem festlegen, welche Einkünfte unter den Begriff des Kapitaleinkommens fallen, ab welchem Betrag die höhere Besteuerung greift und wie die Umverteilung des dadurch erzielten Mehrertrags ausgestaltet wird. Aufgrund der höheren Besteuerung von Kapitaleinkom- men könnte es zu Verhaltensanpassungen kommen. Personen mit hohen Kapitaleinkommen könnten zum Beispiel ihren Wohnsitz verlegen. Im Weiteren könnte sich das Sparverhalten ändern, weil das Einkommen, das mit dem angesparten Kapital erzielt wird, stärker besteuert wird. Das Ausmass solcher Ver- haltensanpassungen kann nicht abgeschätzt werden, auch weil unklar ist, wie die Initiative umgesetzt würde. Daher lässt sich auch der Mehrertrag aus der höheren Besteuerung von Kapi- taleinkommen nicht beziffern. Da Kapitaleinkommen sehr steuerempfindlich ist, dürften die von den Initiantinnen und Initianten erhofften Mehreinnahmen kaum eintreffen. Der damit bezweckte Umverteilungseffekt dürfte damit nicht erreicht werden. Argumente Vermögens- ungleichheit nimmt zu Initiativkomitee Der Kassierer im Laden, die selbstständige Grafikerin oder die Maurerin – sie alle arbeiten, um ihr Einkommen zu er- zielen. Es gibt aber auch einige wenige Menschen, die nicht selbst für ihr Einkommen arbeiten müssen, sondern ihr Geld für sich arbeiten lassen. Dies geschieht durch Zinsen, Aktiengewinne oder Dividenden – kurz Kapitaleinkommen. Vermögende werden deshalb immer reicher, während die restlichen 99 % der Bevölkerung unter steigenden Mieten und Krankenkassenprämien leiden. Die Vermögensungleichheit nimmt seit Jahren immer weiter zu. Bereits 2016 besass das reichste Prozent der Bevölke- rung 42,3 % aller Vermögen. 42,3 % 57,7 % Vermögensanteil des reichsten 1 % Vermögensanteil der übrigen 99 % Quelle: Vermögensstatistik der natürlichen Personen der Eidgenössischen Steuerverwaltung Der Grund dafür sind Dividenden und Aktiengewinne, welche den Reichsten immer mehr Geld in die Taschen spülen. Dieses Geld fehlt bei den Löhnen, die seit Jahren stagnieren, während die Mieten und Krankenkassenprämien steigen. Mit der Coronapandemie hat sich die Situation weiter verschärft. Die Vermögen der 300 Reichsten sind auf ein Rekordhoch von 707 Milliarden angewachsen, gleichzeitig stehen unzählige Menschen vor wirtschaftlich unsicheren Zeiten. Kaufkraft stärken Weniger Privilegien für Superreiche Mehr Geld für die 99 % Empfehlung des Initiativkomitees Die steigende Ungleichheit schadet auch der Wirtschaft. Ein grosser Teil der Vermögen der Reichsten wird für Spekula- tionen an den Finanzmärkten verwendet und fliesst nicht in die Realwirtschaft. Kommt das Geld hingegen den arbeitenden Menschen zugute, wird es dem Wirtschaftskreislauf zurück- geführt und die Kaufkraft steigt. Davon profitieren auch die kleinen Betriebe, die während der Pandemie massiv gelitten haben. Heute sind Kapitaleinkommen auf diverse Arten privi- legiert. So müssen Grossaktionärinnen und Grossaktionäre beispielsweise nur auf 70 % ihres Kapitaleinkommens Steuern zahlen – während alle anderen ihr gesamtes Einkommen versteuern. Unser Wohlstand wird aber von den Menschen geschaffen, die jeden Tag in Büros, auf Baustellen und im Haushalt arbeiten. Heute bereichert sich das reichste 1 % auf Kosten von uns allen und wird dazu noch steuerlich bevorteilt. Mit der 99%-Initiative sorgen wir für eine gerechtere Besteuerung von Grossaktionärinnen und Grossaktionären und entlasten 99 % der Bevölkerung. Mit den Einnahmen können die Steuern für Menschen mit tiefen und mittleren Einkommen gesenkt und der Service public gestärkt werden, z. B. durch Prämienverbilligungen oder mehr Geld für Kitas. Die 99%- Initiative ist der erste Schritt zu echter Steuergerechtigkeit! Darum empfiehlt das Initiativkomitee: Ja 99prozent.ch 99prozent-ja.ch Der Text auf dieser Doppelseite stammt vom Initiativkomitee. Es ist für den Inhalt und die Wortwahl verantwortlich. Argumente Kein Handlungs- bedarf Bundesrat und Parlament Da die Einkommen in der Schweiz im internationalen Ver- gleich gleichmässig verteilt sind, ist der Bedarf an Umver- teilung geringer. Zudem erfolgt bereits eine Umverteilung über Steuern und Sozialleistungen. Die Initiative gefährdet die Standortattraktivität der Schweiz und schwächt den Anreiz zu sparen. Gerade in Krisenzeiten braucht es Er- sparnisse. Der Aufbau von Kapital ist wichtig für Arbeits- plätze und Wohlstand und soll nicht durch höhere Steuern behindert werden. Bundesrat und Parlament lehnen die Volksinitiative insbesondere aus folgenden Gründen ab: In der Schweiz sind die Einkommen gleichmässiger verteilt als in den meisten anderen OECD-Ländern. Zudem erfolgt bereits eine bedeutende Umverteilung über Steuern und Sozialleistungen: Die Ausgaben für Sozialleistungen betragen gut ein Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung. Im Weiteren blieb der Anteil des Kapitaleinkommens am gesamten Einkom- men seit Mitte der 1990er-Jahre konstant. Darum besteht kein Handlungsbedarf. Initiative schafft Ungerechtigkeiten Initiative gefährdet Arbeitsplätze Die Initiative schafft Ungerechtigkeiten, indem sie für Kapitaleinkommen eine höhere Besteuerung fordert als für Arbeitseinkommen. Kapitaleinkommen wird nicht ohne Leistung erzielt. Auch Kapital muss erarbeitet werden, indem man Einkommen erzielt und dieses auf die Seite legt. Eine höhere Besteuerung von Kapitaleinkommen würde den Anreiz, Ersparnisse zu bilden und damit Kapital aufzu- bauen, reduzieren. Kapital wird benötigt, damit neue Unter- nehmen (z. B. Start-ups) gegründet werden und bestehende Unternehmen neue Investitionen tätigen können (z. B. in den Ausbau von Produktionskapazitäten oder in neue Technolo- gien). Der Aufbau von Kapital schafft somit Arbeitsplätze und steigert die Produktivität. Dies durch höhere Steuern zu behindern, ist schädlich für die Arbeitsplätze und den Wohl- stand in der Schweiz. Initiative schwächt den Standort Schweiz Auswirkungen sind offen Empfehlung von Bundesrat und Parlament Gerade für Personen mit hohen Kapitaleinkommen spielen Steuern bei der Wohnortwahl eine wesentliche Rolle. Die Initiative schwächt die Standortattraktivität der Schweiz. Im internationalen Vergleich ist die Steuerbelastung auf Kapital in der Schweiz bereits heute recht hoch. Grund dafür sind die Vermögenssteuer und die hohe Besteuerung von Dividenden, vor allem wenn keine Beteiligung von mindestens 10 % vorliegt. Der Initiativtext lässt zu vieles offen: ab welcher Höhe Kapitaleinkommen stärker besteuert würden, welche Einkom- mensbestandteile betroffen wären und wie der Mehrertrag umverteilt würde. Ausserdem ist Kapitaleinkommen sehr steuerempfindlich. Die von den Initiantinnen und Initianten erhofften Mehreinnahmen dürften kaum eintreffen. Damit wird auch der bezweckte Umverteilungseffekt unterhöhlt. Je nach Ausgestaltung könnte die höhere Besteuerung von Kapital deutlich mehr Personen betreffen, als die Initiative vorgibt. Aus all diesen Gründen empfehlen Bundesrat und Parlament, die Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» abzulehnen. Nein admin.ch/besteuerung-kapital § Abstimmungstext Bundesbeschluss über die Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» vom 19. März 2021 Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 139 Absatz 5 der Bundesverfassung1, nach Prüfung der am 2. April 20192 eingereichten Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern», nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 6. März 20203, beschliesst: Art. 1 1 Die Volksinitiative vom 2. April 2019 «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteu- ern» ist gültig und wird Volk und Ständen zur Abstimmung unterbreitet. 2 Sie lautet: Die Bundesverfassung wird wie folgt geändert: Art. 127a Besteuerung von Kapitaleinkommen und Arbeitseinkommen 1 Kapitaleinkommensteile über einem durch das Gesetz festgelegten Betrag sind im Umfang von 150 Prozent steuerbar. 2 Der Mehrertrag, der sich aus der Besteuerung der Kapitaleinkommensteile nach Absatz 1 im Umfang von 150 Prozent statt 100 Prozent ergibt, ist für die Ermässi- gung der Besteuerung von Personen mit tiefen oder mittleren Arbeitseinkommen oder für Transferzahlungen zugunsten der sozialen Wohlfahrt einzusetzen. 3 Das Gesetz regelt die Einzelheiten. Art. 2 Die Bundesversammlung empfiehlt Volk und Ständen, die Initiative abzulehnen. 1 SR 101 2 BBl 2019 3435 3 BBl 2020 2797